Kultur macht stark!
Kultur macht stark! Was für ein wunderbares Motto,
unter dem nun schon seit fünf Jahren bundesweit die
Autorenpatenschaften stehen, deren Schreibwerkstätten
eine große Vielfalt von „Erträgen“ hervorgebracht haben! In
diesem Zusammenhang möchte ich auf die ursprüngliche
Bedeutung des lateinischen Wortes „cultare“ zurückgreifen,
das „den Acker bearbeiten und pflegen“ bedeutet. Denn
genauso sind mir die jungen Menschen zwischen acht und
elf Jahren, mit denen ich in diesem Jahr in der Region Trier
gearbeitet habe, in ihrer Gesamtheit vorgekommen: Wie ein
weites Feld, von dem ich noch nicht ahnte, was für Früchte
es hervorbringen würde. Ein Feld, dessen Beschaffenheit
ich außerdem nicht einschätzen konnte, weil sein Boden
sich aus vielerlei Gegebenheiten zusammensetzte. Aus
einer bunten Mischung unterschiedlicher kultureller
Voraussetzungen!
Schätze, die es zu bergen galt. Spannend war das.
Unser Thema „Flieg, mein Pinguin, flieg!“, von einem
Zehnjährigen vorgeschlagen und von allen Beteiligten
freudig aufgenommen, empfand ich dabei geradezu
als programmatisch. Das, was wir in gemeinsamen
und individuellen Schreibprozessen erfahren konnten,
lässt sich bildlich kaum anschaulicher zum Ausdruck
bringen: Das Unmögliche möglich machen, buchstäblich
beflügelt werden! Die große Affinität der Kinder zu dem
8 9 liebenswerten, vielleicht sogar etwas schrägen Vogel wirkte
außerdem sehr inspirierend auf ihr Schreiben, wie die für
die Anthologie ausgewählten Texte eindrucksvoll zeigen.
Die Textauswahl ist nicht leicht gefallen. Viele der
originellen Ergebnisse hätten es verdient, gelesen und
beachtet zu werden. Selten habe ich bei Teilnehmer*innen
von Schreibwerkstätten einen solchen Eifer, eine solche
Freude am Schreiben erlebt. Hierbei hat mich vor allem
überrascht, dass sich besonders die Jungen ins Zeug
gelegt und in ihren Texten sensibel geöffnet haben. Und
auch bei den gegenseitigen Rückmeldungen zu den
Schreibergebnissen, die jedes Mal vor der gesamten Gruppe
vorgetragen wurden, zeigte sich ein bemerkenswertes
Einfühlungsvermögen. Diese „stark machende“
Kulturtechnik haben wir ebenso weiter entwickelt: einander
geduldig zuhören, Bestätigungen und Anregungen geben!
So konnte zum Beispiel der Satz: „Wenn ich fliegen könnte,
würde ich meinen Vater vom Himmel holen!“ von einem
um seinen Vater trauernden Jungen ganz offen geäußert
werden, was mich sehr berührt hat.
Ich habe die Arbeit und Begegnung mit den Kindern
überaus genossen, kam jedes Mal selbst beflügelt nach
Hause. Deshalb hoffe ich, dass der Funke der Begeisterung,
der sich in uns entzündet hat, von den Texten auf die
Leser*innen überspringt und Staunen hervorruft.
Mein Dank gilt den Kindern, sowie allen, die durch ihr
Zutun zum Gelingen der Werkstätten beigetragen haben:
Malte Blümke, Tina Laux, den Mitarbeiter*innen der
Bibliothek des Friedrich-Spee-Gymnasiums und den
begleitenden Lehrer*innen.